Betreff
Start der Gründung eines Europäischen Verbundes für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) inkl. Billigung des Entwurfs einer Übereinkunft und Satzung
Vorlage
S-HAFI/771/21-AA
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Amtsausschuss des Amtes Barnim beauftragt den Amtsdirektor, das Verfahren zur Gründung eines Europäischen Verbundes für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) auf Grundlage der vorgelegten Entwurfsfassungen von Übereinkunft und Satzung zu starten.

 

Redaktionelle Änderungen, die sich aus dem Genehmigungsprozess ergeben, bedürfen keiner separaten Zustimmung des Amtsausschusses.

 

Auf eine Haftungsbeschränkung des Amtes Barnim-Oderbruch ist in jedem Fall hinzuwirken.

 

 

Produkt:              11100

Einreicher:         Karsten Birkholz

 

Sachverhalt und Begründung:

Mit Beschluss vom 19.05.2020 hat der Amtsausschuss des Amtes Barnim-Oderbruch die Amtsverwaltung mit der Prüfung und Gründung einer neuen juristischen Person beauftragt. Zielsetzung war es seinerzeit, mit Hilfe einer Stiftung, eines Vereins oder einer Gesellschaft die Eisenbahnbrücke Neurüdnitz – Siekierki in das Eigentum dieser neu zu gründenden Institution zu überführen und während der Dauer einer Fördermittelbindefrist in dieser juristischen Person zu betreiben. Dieser Beschluss bildete wiederum den Anlass für die Amtsverwaltung, konkrete Möglichkeiten der Stiftungsgründung bei der Kommunalaufsichtsbehörde und beim zuständigen Ministerium des Innern und für Kommunales zu erfragen. Allerdings verlief diese Vorgehensweise insoweit ohne Erfolg, weil sich die Stiftungsgründung angesichts des notwendigen und dabei nach Vorstellung des Gesetzgebers nicht zu verbrauchenden Stiftungsvermögens und auch wegen der entsprechenden Finanzausstattung nicht als Variante stellt. Die Gründung einer juristischen Person des Privatrechts stellte sich nach anfänglichen Überlegungen (z. B. Haftungsaspekte beim Verein, Fördermittelfragen bei einer GmbH) nicht als zielführend dar.

 

Zuletzt wurde daher zwischen dem Amt Barnim-Oderbruch, der Stadt Cedynia und mit Unterstützung der polnischen Landschaftsparkbehörde ZPKWZ beim Marschallamt der Wojewodschaft Westpommern die Möglichkeit diskutiert, unter Nutzung der relativ neuen Form eines „Europäischen Verbundes für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)“ den Betrieb der polnischen und deutschen Eisenbahnbrücke zu gestalten. Das Marschallamt der Wojewodschaft Westpommern sowie das Brandenburgische Ministerium der Finanzen und für Europaangelegenheiten sind über die von hier geführten Überlegungen im Bilde. Grundlage für die Gründung und spätere Zusammenarbeit in einem EVTZ bildet auf europäischer Ebene die „Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)“. Danach besitzt ein EVTZ eine eigene Rechtspersönlichkeit, weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, kann bewegliches und unbewegliches Eigentum erwerben, besitzt ein eigenes Haushaltsrecht usw. Konkretes Ziel der Zusammenarbeit in einem EVTZ ist es, die grenzüberschreitende, transnationale und/oder interregionale Zusammenarbeit zwischen seinen Mitgliedern zu erleichtern und zu fördern, wobei sein ausschließlicher Zweck darin besteht, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu stärken. Gerade für die Verwaltung der die polnische und deutsche Seite verbindenden Brücken sowie wegen der Finanzierungsfragen des Betriebs bietet sich damit aus Sicht aller Beteiligten die Gründung eines EVTZ an. Dabei ist für die brandenburgischen Kommunen von Bedeutung, dass das Land Brandenburg mit dem „Gesetz zur Durchführung des Artikels 12 Absatz 2a Unterabsatz 1 der Verordnung über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ-Haftungsbeschränkungsgesetz – EVTZHaftbG) vom 18. Dezember 2020 (GVBl. I, Nr. 40/2020)“ ein wesentliches Hindernis zur Teilnahme beseitigt hat. Gemäß § 1 EVTZHaftbG ist es zulässig, dass in der Übereinkunft zum EVTZ eine Haftungsbeschränkung vorgesehen wird. Brandenburgische Kommunen können also per Vereinbarung mit beschränkter Haftung einbezogen werden und laufen nicht Gefahr, vollständig haften zu müssen.

 

Dem Amtsausschuss des Amtes Barnim-Oderbruch wird daher empfohlen, den Gründungsprozess für einen solchen EVTZ vorzubereiten. Aufgrund ihrer regionalen Einbindung und der für eine Mitwirkung im EVTZ möglichen Rechtsnatur (vgl. Artikel 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1082/2006) kommen als Mitglieder unter anderem in Betracht: Stadt Cedynia, Gemeinde Oderaue, Amt Barnim-Oderbruch, Wojewodschaft Westpommern, Land Brandenburg und weitere.

 

Grundlagen für die Arbeit des EVTZ werden die Übereinkunft sowie die Satzung sein. Entsprechende Entwürfe erarbeitet die Amtsverwaltung. Auch deren Inhalte werden in einem bestimmten Rahmen vorgegeben. Inhalt der Übereinkunft sollen nach Artikel 8 der VO (EG) Nr. 1082/2006 unter anderem sein:

- die Bezeichnung des EVTZ und sein Sitz, der in einem Mitgliedstaat liegen muss, dessen Recht mindestens eines der Mitglieder unterliegt,

- der Umfang des Gebiets, in dem der EVTZ seine Aufgaben durchführen darf,

- das besondere Ziel und die besonderen Aufgaben des EVTZ, der Zeitraum seines Bestehens und die für seine Auflösung geltenden Bedingungen,

- die Liste der Mitglieder des EVTZ,

- das für Auslegung und Durchsetzung der Übereinkunft anwendbare Recht, bei dem es sich um das Recht des Mitgliedstaats handelt, in dem der EVTZ seinen Sitz hat,

- die erforderlichen Vereinbarungen über die gegenseitige Anerkennung, einschließlich der gegenseitigen Anerkennung zum Zwecke der Finanzkontrolle, und

- die Verfahren zur Änderung der Übereinkunft usw.

Inhalt der Satzung sollen nach Artikel 9 der VO (EG) Nr. 1082/2006 wiederum sein:

- die Bestimmungen zur Arbeitsweise der Organe des EVTZ und ihren Kompetenzen sowie die Anzahl der Vertreter der Mitglieder in den betreffenden Organen,

- die Entscheidungsverfahren des EVTZ,

- die Arbeitssprache(n),

- die Vereinbarungen hinsichtlich der Arbeitsweise des EVTZ, insbesondere in Bezug auf die Personalverwaltung, die Einstellungsverfahren und die Gestaltung der Arbeitsverträge,

- die Vereinbarungen hinsichtlich der Finanzbeiträge der Mitglieder sowie der anwendbaren Buchhaltungs- und Haushaltsregeln – einschließlich der Finanzregelungen – der einzelnen Mitglieder in Bezug auf den EVTZ,

- die Vereinbarungen hinsichtlich der Haftung der Mitglieder,

- die für die Bestimmung der unabhängigen externen Rechnungsprüfer zuständigen Behörden, und

- die Verfahren zur Änderung der Satzung usw.

Die vorbereiteten Entwürfe einer Übereinkunft und Satzung sollen die Grundlage der weiteren Abstimmungen mit den Beteiligten eines EVTZ bilden. Damit sind neben den potentiellen Mitgliedern auch die Aufsichtsbehörden auf deutscher und polnischer Seite gemeint. Da mit einer möglichen heutigen Beschlussfassung erst die Gründungsphase eines EVTZ eingeleitet wird, ist die weitere Befassung des Amtsausschusses sehr sicher: Es wurde ganz aktuell erst ein weiterer EVTZ in der brandenburgisch-polnischen Grenzregion gegründet, so dass die Erfahrungen überschaubar sind. Konkret war dies der EVTZ "Deutsch-polnischer Geopark Muskauer Faltenbogen". Dort gab es fortwährend Abstimmungen zwischen den potentiellen Mitgliedern sowie den Aufsichtsbehörden mit einigem Änderungsbedarf. Gleichwohl sollte der einige Zeit andauernde Gründungs- und Genehmigungsprozess angeschoben werden, um zügig den Eigentumsübergang und weiteren Betrieb der Brück auf polnischer und deutscher Seite absichern zu können. Sofern Sie vertiefende Unterlagen benötigen (z. B. die in Bezug genommene Richtlinie VO (EG) Nr. 1082/2006, das EVTZ-HaftbG, Beispielsfälle anderer EVTZ-Gründungen [Geopark Muskauer Faltenbogen?]), so werden diese gern auf Anfrage zusätzlich per Mail zugeleitet.

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:                                                   Ja

im Haushaltsplan/Nachtragshaushaltsplan eingestellt:         Nein

 

Anlagen: werden nachgereicht