Beschlussempfehlung:
Der Amtsausschuss des Amtes
Barnim beauftragt den Amtsdirektor, das Verfahren zur Gründung eines
Europäischen Verbundes für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) auf Grundlage der
vorgelegten Entwurfsfassungen von Übereinkunft und Satzung zu starten.
Redaktionelle Änderungen, die
sich aus dem Genehmigungsprozess ergeben, bedürfen keiner separaten Zustimmung
des Amtsausschusses.
Auf eine Haftungsbeschränkung
des Amtes Barnim-Oderbruch ist in jedem Fall hinzuwirken.
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Einreicher: Karsten Birkholz
Sachverhalt und Begründung:
Mit Beschluss vom 19.05.2020
hat der Amtsausschuss des Amtes Barnim-Oderbruch die Amtsverwaltung mit der
Prüfung und Gründung einer neuen juristischen Person beauftragt. Zielsetzung
war es seinerzeit, mit Hilfe einer Stiftung, eines Vereins oder einer
Gesellschaft die Eisenbahnbrücke Neurüdnitz – Siekierki in das Eigentum dieser
neu zu gründenden Institution zu überführen und während der Dauer einer
Fördermittelbindefrist in dieser juristischen Person zu betreiben. Dieser
Beschluss bildete wiederum den Anlass für die Amtsverwaltung, konkrete
Möglichkeiten der Stiftungsgründung bei der Kommunalaufsichtsbehörde und beim
zuständigen Ministerium des Innern und für Kommunales zu erfragen. Allerdings
verlief diese Vorgehensweise insoweit ohne Erfolg, weil sich die
Stiftungsgründung angesichts des notwendigen und dabei nach Vorstellung des
Gesetzgebers nicht zu verbrauchenden Stiftungsvermögens und auch wegen der
entsprechenden Finanzausstattung nicht als Variante stellt. Die Gründung einer
juristischen Person des Privatrechts stellte sich nach anfänglichen
Überlegungen (z. B. Haftungsaspekte beim Verein, Fördermittelfragen bei einer
GmbH) nicht als zielführend dar.
Zuletzt wurde daher zwischen
dem Amt Barnim-Oderbruch, der Stadt Cedynia und mit Unterstützung der
polnischen Landschaftsparkbehörde ZPKWZ beim Marschallamt der Wojewodschaft
Westpommern die Möglichkeit diskutiert, unter Nutzung der relativ neuen Form
eines „Europäischen Verbundes für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)“ den
Betrieb der polnischen und deutschen Eisenbahnbrücke zu gestalten. Das
Marschallamt der Wojewodschaft Westpommern sowie das Brandenburgische
Ministerium der Finanzen und für Europaangelegenheiten sind über die von hier
geführten Überlegungen im Bilde. Grundlage für die Gründung und spätere
Zusammenarbeit in einem EVTZ bildet auf europäischer Ebene die „Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Verbund
für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)“. Danach besitzt ein EVTZ eine
eigene Rechtspersönlichkeit, weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit,
kann bewegliches und unbewegliches Eigentum erwerben, besitzt ein eigenes
Haushaltsrecht usw. Konkretes Ziel der Zusammenarbeit in einem EVTZ ist es, die
grenzüberschreitende, transnationale und/oder interregionale Zusammenarbeit
zwischen seinen Mitgliedern zu erleichtern und zu fördern, wobei sein
ausschließlicher Zweck darin besteht, den wirtschaftlichen und sozialen
Zusammenhalt zu stärken. Gerade für die Verwaltung der die polnische und
deutsche Seite verbindenden Brücken sowie wegen der Finanzierungsfragen des
Betriebs bietet sich damit aus Sicht aller Beteiligten die Gründung eines EVTZ
an. Dabei ist für die brandenburgischen Kommunen von Bedeutung, dass das Land
Brandenburg mit dem „Gesetz zur
Durchführung des Artikels 12 Absatz 2a Unterabsatz 1 der Verordnung über den
Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit
(EVTZ-Haftungsbeschränkungsgesetz – EVTZHaftbG) vom 18. Dezember 2020 (GVBl. I,
Nr. 40/2020)“ ein wesentliches Hindernis zur Teilnahme beseitigt hat. Gemäß
§ 1 EVTZHaftbG ist es zulässig, dass in der Übereinkunft zum EVTZ eine
Haftungsbeschränkung vorgesehen wird. Brandenburgische Kommunen können also
per Vereinbarung mit beschränkter Haftung einbezogen werden und laufen nicht
Gefahr, vollständig haften zu müssen.
Dem Amtsausschuss des Amtes
Barnim-Oderbruch wird daher empfohlen, den Gründungsprozess für einen solchen
EVTZ vorzubereiten. Aufgrund ihrer regionalen Einbindung und der für eine
Mitwirkung im EVTZ möglichen Rechtsnatur (vgl. Artikel 3 Abs. 1 VO (EG) Nr.
1082/2006) kommen als Mitglieder unter anderem in Betracht: Stadt Cedynia,
Gemeinde Oderaue, Amt Barnim-Oderbruch, Wojewodschaft Westpommern, Land
Brandenburg und weitere.
Grundlagen für die Arbeit des
EVTZ werden die Übereinkunft sowie die Satzung sein. Entsprechende Entwürfe
erarbeitet die Amtsverwaltung. Auch deren Inhalte werden in einem bestimmten
Rahmen vorgegeben. Inhalt der Übereinkunft sollen nach Artikel 8 der VO (EG)
Nr. 1082/2006 unter anderem sein:
-
die Bezeichnung des EVTZ und sein Sitz, der in einem Mitgliedstaat liegen muss,
dessen Recht mindestens eines der Mitglieder unterliegt,
-
der Umfang des Gebiets, in dem der EVTZ seine Aufgaben durchführen darf,
-
das besondere Ziel und die besonderen Aufgaben des EVTZ, der Zeitraum seines
Bestehens und die für seine Auflösung geltenden Bedingungen,
-
die Liste der Mitglieder des EVTZ,
-
das für Auslegung und Durchsetzung der Übereinkunft anwendbare Recht, bei dem
es sich um das Recht des Mitgliedstaats handelt, in dem der EVTZ seinen Sitz
hat,
-
die erforderlichen Vereinbarungen über die gegenseitige Anerkennung,
einschließlich der gegenseitigen Anerkennung zum Zwecke der Finanzkontrolle,
und
-
die Verfahren zur Änderung der Übereinkunft usw.
Inhalt der Satzung sollen nach
Artikel 9 der VO (EG) Nr. 1082/2006 wiederum sein:
-
die Bestimmungen zur Arbeitsweise der Organe des EVTZ und ihren Kompetenzen
sowie die Anzahl der Vertreter der Mitglieder in den betreffenden Organen,
-
die Entscheidungsverfahren des EVTZ,
- die
Arbeitssprache(n),
-
die Vereinbarungen hinsichtlich der Arbeitsweise des EVTZ, insbesondere in
Bezug auf die Personalverwaltung, die Einstellungsverfahren und die Gestaltung
der Arbeitsverträge,
-
die Vereinbarungen hinsichtlich der Finanzbeiträge der Mitglieder sowie der
anwendbaren Buchhaltungs- und Haushaltsregeln – einschließlich der
Finanzregelungen – der einzelnen Mitglieder in Bezug auf den EVTZ,
- die
Vereinbarungen hinsichtlich der Haftung der Mitglieder,
-
die für die Bestimmung der unabhängigen externen Rechnungsprüfer zuständigen
Behörden, und
-
die Verfahren zur Änderung der Satzung usw.
Die vorbereiteten Entwürfe
einer Übereinkunft und Satzung sollen die Grundlage der weiteren Abstimmungen
mit den Beteiligten eines EVTZ bilden. Damit sind neben den potentiellen
Mitgliedern auch die Aufsichtsbehörden auf deutscher und polnischer Seite
gemeint. Da mit einer möglichen heutigen Beschlussfassung erst die
Gründungsphase eines EVTZ eingeleitet wird, ist die weitere Befassung des
Amtsausschusses sehr sicher: Es wurde ganz aktuell erst ein weiterer EVTZ in
der brandenburgisch-polnischen Grenzregion gegründet, so dass die Erfahrungen
überschaubar sind. Konkret war dies der EVTZ "Deutsch-polnischer Geopark
Muskauer Faltenbogen". Dort gab es fortwährend Abstimmungen zwischen den
potentiellen Mitgliedern sowie den Aufsichtsbehörden mit einigem
Änderungsbedarf. Gleichwohl sollte der einige Zeit andauernde Gründungs- und
Genehmigungsprozess angeschoben werden, um zügig den Eigentumsübergang und
weiteren Betrieb der Brück auf polnischer und deutscher Seite absichern zu
können. Sofern Sie vertiefende Unterlagen benötigen (z. B. die in Bezug
genommene Richtlinie VO (EG) Nr. 1082/2006, das EVTZ-HaftbG,
Beispielsfälle anderer EVTZ-Gründungen [Geopark Muskauer Faltenbogen?]), so
werden diese gern auf Anfrage zusätzlich per Mail zugeleitet.
Finanzielle Auswirkungen: Ja im Haushaltsplan/Nachtragshaushaltsplan eingestellt: Nein |
Anlagen: werden nachgereicht