Beschlussempfehlung:
Die Gemeindevertretung der
Gemeinde Oderaue beauftragt den Amtsdirektor, das Verfahren zur Gründung eines
Europäischen Verbundes für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) auf Grundlage der
vorgelegten Entwurfsfassungen von Übereinkunft und Satzung zu starten bzw. die
Gemeinde Oderaue hierin einzubinden.
Redaktionelle Änderungen, die
sich aus dem Genehmigungsprozess ergeben, bedürfen keiner separaten Zustimmung
der Gemeindevertretung.
Auf eine Haftungsbeschränkung der Gemeinde Oderaue ist in jedem Fall hinzuwirken.
Produkt: 11100
Einreicher: Karsten Birkholz
Sachverhalt und Begründung:
Im Zusammenhang mit der
Reaktivierung der Eisenbahnbrücke zwischen Neurüdnitz und Siekierki als
Radfahr- und Fußgängerverbindung bestehen Überlegungen, die Brückenkonstruktion
in eine separate Körperschaft zu überführen und durch die betreiben und
verwalten zu lassen. Damit sollen direkte Versicherungs- und Haftungsrisiken
auf Ebene der Gemeinden bzw. des Amtes vermieden werden.
Zurückliegend wurde zwischen
dem Amt Barnim-Oderbruch, der Stadt Cedynia und mit Unterstützung der
polnischen Landschaftsparkbehörde ZPKWZ beim Marschallamt der Wojewodschaft
Westpommern die Möglichkeit diskutiert, unter Nutzung der relativ neuen Form
eines „Europäischen Verbundes für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)“ den
Betrieb der polnischen und deutschen Eisenbahnbrücke zu gestalten. Das
Marschallamt der Wojewodschaft Westpommern sowie das Brandenburgische
Ministerium der Finanzen und für Europaangelegenheiten sind über die von hier
geführten Überlegungen im Bilde. Grundlage für die Gründung und spätere
Zusammenarbeit in einem EVTZ bildet auf europäischer Ebene die „Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen
Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)“. Danach besitzt ein EVTZ
eine eigene Rechtspersönlichkeit, weitestgehende Rechts- und
Geschäftsfähigkeit, kann bewegliches und unbewegliches Eigentum erwerben,
besitzt ein eigenes Haushaltsrecht usw. Konkretes Ziel der Zusammenarbeit in
einem EVTZ ist es, die grenzüberschreitende, transnationale und/oder
interregionale Zusammenarbeit zwischen seinen Mitgliedern zu erleichtern und zu
fördern, wobei sein ausschließlicher Zweck darin besteht, den wirtschaftlichen
und sozialen Zusammenhalt zu stärken. Gerade für die Verwaltung der die
polnische und deutsche Seite verbindenden Brücken sowie wegen der
Finanzierungsfragen des Betriebs bietet sich damit aus Sicht aller Beteiligten
die Gründung eines EVTZ an. Dabei ist für die brandenburgischen Kommunen von
Bedeutung, dass das Land Brandenburg mit dem „Gesetz zur Durchführung des Artikels 12 Absatz 2a Unterabsatz 1 der
Verordnung über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit
(EVTZ-Haftungsbeschränkungsgesetz – EVTZHaftbG) vom 18. Dezember 2020 (GVBl. I,
Nr. 40/2020)“ ein wesentliches Hindernis zur Teilnahme beseitigt hat. Gemäß
§ 1 EVTZHaftbG ist es zulässig, dass in der Übereinkunft zum EVTZ eine
Haftungsbeschränkung vorgesehen wird. Brandenburgische Kommunen können also
per Vereinbarung mit beschränkter Haftung einbezogen werden und laufen nicht
Gefahr, vollständig haften zu müssen.
Dem Amtsausschuss des Amtes
Barnim-Oderbruch wurde daher Ende 2021 empfohlen, den Gründungsprozess für
einen solchen EVTZ vorzubereiten. Aufgrund ihrer regionalen Einbindung und der
für eine Mitwirkung im EVTZ möglichen Rechtsnatur (vgl. Artikel 3 Abs. 1 VO
(EG) Nr. 1082/2006) kommen als Mitglieder unter anderem in Betracht: Stadt
Cedynia, Gemeinde Oderaue, Amt Barnim-Oderbruch, Wojewodschaft Westpommern,
Land Brandenburg und weitere.
Grundlage für die Arbeit des
EVTZ werden die Übereinkunft sowie die Satzung sein. Entsprechende Entwürfe
erarbeitet die Amtsverwaltung. Auch deren Inhalte werden in einem bestimmten
Rahmen vorgegeben. Inhalt der Übereinkunft sollen nach Artikel 8 der VO (EG)
Nr. 1082/2006 unter anderem sein:
-
die Bezeichnung des EVTZ und sein Sitz, der in einem Mitgliedstaat liegen muss,
dessen Recht mindestens eines der Mitglieder unterliegt,
-
der Umfang des Gebiets, in dem der EVTZ seine Aufgaben durchführen darf,
-
das besondere Ziel und die besonderen Aufgaben des EVTZ, der Zeitraum seines
Bestehens und die für seine Auflösung geltenden Bedingungen,
-
die Liste der Mitglieder des EVTZ,
-
das für Auslegung und Durchsetzung der Übereinkunft anwendbare Recht, bei dem
es sich um das Recht des Mitgliedstaats handelt, in dem der EVTZ seinen Sitz
hat,
-
die erforderlichen Vereinbarungen über die gegenseitige Anerkennung,
einschließlich der gegenseitigen Anerkennung zum Zwecke der Finanzkontrolle,
und
-
die Verfahren zur Änderung der Übereinkunft usw.
Inhalt der Satzung sollen nach
Artikel 9 der VO (EG) Nr. 1082/2006 wiederum sein:
-
die Bestimmungen zur Arbeitsweise der Organe des EVTZ und ihren Kompetenzen
sowie die Anzahl der Vertreter der Mitglieder in den betreffenden Organen,
-
die Entscheidungsverfahren des EVTZ,
- die
Arbeitssprache(n),
-
die Vereinbarungen hinsichtlich der Arbeitsweise des EVTZ, insbesondere in
Bezug auf die Personalverwaltung, die Einstellungsverfahren und die Gestaltung
der Arbeitsverträge,
-
die Vereinbarungen hinsichtlich der Finanzbeiträge der Mitglieder sowie der
anwendbaren Buchhaltungs- und Haushaltsregeln – einschließlich der
Finanzregelungen – der einzelnen Mitglieder in Bezug auf den EVTZ,
-
die Vereinbarungen hinsichtlich der Haftung der Mitglieder,
-
die für die Bestimmung der unabhängigen externen Rechnungsprüfer zuständigen
Behörden, und
-
die Verfahren zur Änderung der Satzung usw.
Die vorbereiteten Entwürfe
einer Übereinkunft und Satzung sollen die Grundlage der weiteren Abstimmungen
mit den Beteiligten eines EVTZ bilden. Damit sind neben den potentiellen
Mitgliedern auch die Aufsichtsbehörden auf deutscher und polnischer Seite
gemeint. Da mit einer möglichen heutigen Beschlussfassung erst die Gründungsphase
eines EVTZ eingeleitet wird, ist die weitere Befassung des Amtsausschusses sehr
sicher: Es wurde ganz aktuell erst ein weiterer EVTZ in der
brandenburgisch-polnischen Grenzregion gegründet, so dass die Erfahrungen
überschaubar sind. Konkret war dies der EVTZ "Deutsch-polnischer Geopark
Muskauer Faltenbogen". Dort gab es fortwährend Abstimmungen zwischen den
potentiellen Mitgliedern sowie den Aufsichtsbehörden mit einigem
Änderungsbedarf. Gleichwohl sollte der einige Zeit andauernde Gründungs- und
Genehmigungsprozess angeschoben werden, um zügig den Eigentumsübergang und
weiteren Betrieb der Brück auf polnischer und deutscher Seite absichern zu
können. Sofern Sie vertiefende Unterlagen benötigen (z. B. die in Bezug
genommene Richtlinie VO (EG) Nr. 1082/2006, das EVTZ-HaftbG,
Beispielsfälle anderer EVTZ-Gründungen [Geopark Muskauer Faltenbogen?]), so
werden diese gern auf Anfrage zusätzlich per Mail zugeleitet.
Der Amtsausschuss hat bereits
am 14.12.2021 den Beschluss gefasst, den Gründungprozess zu einem solchen EVTZ
zu starten. Die Gemeinde Cedynia hat im Dezember 2021 die gemeinsame
Absichtserklärung bestätigt, im Gründungsprozess mitzuwirken. Die
Gemeindevertretung Oderaue wird mit dieser Beschlussvorlage angefragt, ob sie
sich dem Gründungsprozess anschließen und mitwirken möchte.
Finanzielle Auswirkungen: Ja im Haushaltsplan eingestellt: Nein |
Anlagen:
Entwurf
Übereinkunft
Entwurf Satzung
Absichtserklärung Amt + Cedynia