Betreff
Beratung und Beschlussfassung einer Weisung nach § 19 Abs. 7 BbgKVerf für die Vertretungsperson im Trink- und Abwasserverband Oderbruch-Barnim
Vorlage
S-HAFI/092/23-Nl
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussempfehlung:

Die Gemeindevertretung der Gemeinde Neulewin beschließt, der Vertretungsperson im Trink- und Abwasserverband Oderbruch-Barnim (TAVOB) auf Grundlage von § 19 Abs. 7 GKGBbg eine Weisung zu erteilen:

Die Vertretungsperson der Gemeinde Neulewin darf bezogen auf die beim TAVOB geführten Rechtsstreitigkeiten zu den Jahresverbrauchsabrechnungen der Jahre 2015 bis einschließlich 2022 an der vergleichsweisen Beendigung mitwirken und im Rahmen der diesbezüglichen Verbandsversammlungen für entsprechende Vergleichsabschlüsse stimmen. Die Gemeindevertretung ist nach der Beendigung der Rechtsstreitigkeiten unverzüglich über die Ergebnisse zu informieren.

 

 

Produkt: 11100, Allgemeine Verwaltung

Einreicher: Karsten Birkholz

 

Sachverhalt und Begründung:

Die Städte Bad Freienwalde und Wriezen sowie die amtsangehörigen Gemeinden des Amtes Falkenberg-Höhe Beiersdorf-Freudenberg, Falkenberg, Heckelberg-Brunow, Höhenland und die amtsangehörigen Gemeinden des Amtes Barnim-Oderbruch Bliesdorf, Neulewin, Oderaue, Prötzel sind Mitgliedskommunen im Trink- und Abwasserverband Oderbruch-Barnim (TAVOB). Der TAVOB ist ein Zweckverband im Sinne der §§ 10 ff. GKGBbg.

 

Im Zusammenhang mit der so genannten „Altanschließer-Problematik“ kam es ab dem Jahr 2015 zu Rechtsstreitigkeiten gegen die Jahresverbrauchsabrechnungen des TAVOB mit jeweils mehr als 100 streitigen Fällen je Abrechnungszeitraum. Ein großer Teil dieser Rechtsstreitigkeiten ist noch offen, das heißt deren rechtskräftiger Abschluss steht noch aus. Teilweise wurden diese Verfahren erstinstanzlich vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) entschieden und liegen nun dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zur weiteren Entscheidung vor. Auch Normenkontrollverfahren, welche dann erstinstanzlich vor dem Oberverwaltungsgericht zu entscheiden sind, blieben offen. Schließlich sind für die Jahresverbrauchsabrechnungen des Jahres 2022 auch noch Widerspruchsverfahren beim TAVOB anhängig. Die Mehrzahl der Verfahren ist derzeit ruhend gestellt.

In dieser Situation hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Oktober 2023 (BVerwG 9 CN 3.22) bezogen auf einen anderen Zweckverband eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. Die Anwendung dieser Entscheidung durch die Verwaltungsgerichtsgerichtsbarkeit wird auch Auswirkungen auf den TAVOB haben. In der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2023 (Nr. 73/2023) heißt es insofern zu einem dem Vorgehen des TAVOB vergleichbaren Fall:

 

„… Wechselt ein Einrichtungsträger zur Deckung des Herstellungsaufwands von einer Beitragsfinanzierung auf eine reine Gebührenfinanzierung mit unterschiedlichen Gebühren für Beitragszahler und -nichtzahler ("gespaltene" Gebührensätze), darf ein Herstellungsaufwand, für den hypothetische Festsetzungsverjährung eingetreten ist, aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht über Benutzungsgebühren gedeckt werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. …“

 

Der TAVOB wird nun in sämtlichen Rechtsstreitigkeiten, gemeint sind die Klage- und Widerspruchsverfahren zu den Jahresverbrauchsabrechnungen der Jahre 2015 bis einschließlich 2022, die Auswirkungen zu prüfen und Festlegungen für das weitere Vorgehen zu treffen haben. Aus Sicht des TAVOB gibt es mehrere Optionen, wie das weitere Vorgehen gestaltet werden kann. Unter anderem gehört dazu, die vorliegenden Rechtsstreitigkeiten durch Entscheidung der Gerichte beenden zu lassen. Dem Grunde nach ist hierfür kein weiteres Zutun erforderlich. Eine andere Option ist aber auch, zumindest die Möglichkeit von Vergleichsabschlüssen in Betracht zu ziehen. Für die vergleichsweise Beendigung der Rechtsstreitigkeiten ist allerdings eine verbindliche Regelung vorgesehen, die die jeweilige Vertretungsperson in der Verbandsversammlung des TAVOB zu beachten hat:

Gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 18 BbgKVerf ist der Abschluss von Vergleichen, soweit es sich nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt, der Gemeindevertretung als Entscheidung vorbehalten, die sie nicht auf andere Organe der Gemeinde übertragen darf. § 12 Abs. 1 GKGBbg gibt insoweit vor, dass auf die Zweckverbände die Vorschriften der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg, die für die kreisangehörigen amtsfreien Gemeinden gelten, entsprechend anwendbar sind. Weiter heißt es im § 12 GKGBbg, dass an die Stelle der Gemeindevertretung die Verbandsversammlung tritt, an die Stelle der Fraktionen treten die Verbandsmitglieder und an die Stelle der hauptamtlichen Bürgermeisterin oder des hauptamtlichen Bürgermeisters tritt die Verbandsvorsteherin oder der Verbandsvorsteher. Dies bedeutet, dass die Verbandsversammlung gemäß § 12 Abs. 1 GKGBbg in Verbindung § 28 Abs. 2 Nr. 18 BbgKVerf dasjenige Organ des Zweckverbandes ist, welches über einen Vergleich zu entscheiden hat.

Die Gemeindevertretung bzw. Stadtverordnetenversammlung ihrerseits hat auf Grundlage von § 19 Abs. 7 GKGBbg die Möglichkeit, ihrer Vertretungsperson in der Verbandsversammlung des TAVOB genau für diese Entscheidung über die mögliche vergleichsweise Beendigung eines Rechtsstreits eine Weisung zu erteilen.

Für die kommunalen Haushalte der Städte und amtsangehörigen Gemeinden entstehen infolge der Weisung, an einer Entscheidung über die mögliche vergleichsweise Beendigung eines Rechtsstreits mitzuwirken, keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen. Der TAVOB hat wegen der einzelnen Verwaltungsstreitverfahren Rückstellungen in Höhe von mehr als 1,3 Millionen Euro gebildet, die die finanziellen Auswirkungen in Gestalt etwaiger Teilrückzahlungen sowie der Kosten für Rechtsanwälte und Gerichte auffangen.

 

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:                                                   Nein

im Haushaltsplan/Nachtragshaushaltsplan eingestellt:         Nein

 

Anlagen: Keine